Das Projekt Modellregion Grüner Wasserstoff Baden-Württemberg
Hintergrund
Das Land Baden-Württemberg hat im März 2021 einen Förderaufruf Modellregion Grüner Wasserstoff für Demonstrationsprojekte zur Abbildung einer regionalen Wertschöpfungskette gestartet. Der Förderaufruf ist Teil der Wasserstoff-Roadmap des Landes. Mit der Modellregion beabsichtigt das zuständige Ministerium für Umwelt, Klima und Energiewirtschaft Baden-Württemberg die Wasserstoff- und Brennstofftechnologie auf Basis erneuerbarer Energien voranzutreiben.
Kern des Förderaufrufs ist die Umsetzung eines innovativen, räumlich begrenzten Demonstrationsprojekts. Ziel ist es, die regionale Verbindung der Wertschöpfungskette von grünem Wasserstoff in einer Modellregion in Baden-Württemberg zu demonstrieren, wo Wasserstoff-Erzeugung, Speicherung, Transport sowie verschiedene Wasserstoff-Anwendungen kombiniert und in eine lokale Wasserstoffwirtschaft unter Nutzung von Synergien integriert werden.
Mit einem gemeinsamen Ansatz hat sich das Konsortium aus der Region Mittlere Alb – Donau – Ostwürttemberg erfolgreich um die Förderung von insgesamt rund 30 Mio. € beworben. Bis 2027 werden nun in verschiedenen Demonstrationsprojekten Wasserstofferzeugung mit -speicherung/-lagerung/-transport, Betankungsmöglichkeiten und Nutzung bzw. Anwendung dieses Wasserstoffs realisiert. Im Mittelpunkt steht auch die Förderung der Akzeptanz für diese Technologie in der Bevölkerung.
Die Modellregion Mittlere Alb-Donau
Die Region Mittlere Alb-Donau umfasst die Landkreise Reutlingen, den Alb-Donau Kreis und die Stadt Ulm mit einer Gesamtfläche von 2.500 km² und einer Einwohnerzahl von 600.000 Einwohner:innen, was ca. 5 % der Bevölkerung von Baden-Württemberg entspricht. Die Region grenzt im Osten an den Freistaat Bayern und im Westen an den Ballungsraum Stuttgart. Obwohl die Region insbesondere auf der Hochfläche der Schwäbischen Alb ländlich geprägt ist, haben einige nationale und internationale Unternehmen ihren Sitz in dieser Region.
Die Region verfügt u.a. über eine sehr große Dichte an Brennstoffzellenaktivitäten. Zu nennen sind die Brennstoffzellen-(system)entwickler Cellcentric (JV Daimler/Volvo) in Kirchheim-Teck/Nabern, EKPO (vorm. ElringKlinger) in Dettingen/Erms und IVECO Magirus in Ulm.
Der Region eng verbunden sind die Brennstoffzellensystemaktivitäten der Firma Robert Bosch GmbH im Großraum Stuttgart. Des Weiteren liegt mit dem Zentrum für Sonnenenergie- und Wasserstoff-Forschung Baden-Württemberg (ZSW) eines der beiden führenden Zentren für Brennstoffzellenentwicklung innerhalb Europas und Deutschlands, in der Region. Am ZSW in Ulm wird im Hy-FaB Projekt die Industrialisierung der Brennstoffzellen- Stackproduktion vorangetrieben.
Durch seinen dezentralen, niederschwelligen Ansatz soll das Projekt insbesondere auch KMUs und kleineren Kommunen ermöglichen, in die Wasserstoffwirtschaft einzusteigen und sich in diesem Bereich weiterzuentwickeln. Diese Weiterentwicklung soll zur Schaffung hochqualifizierter Arbeitsplätze in der Region und damit zur Stärkung des ländlichen Raumes beitragen. Ein weiteres Ziel ist es, dass hier die Hidden Wasserstoff-Champions von morgen entstehen.
Auch unter energetischen Gesichtspunkten bietet die Region Vorteile. Durch die relativ geringe Bevölkerungsdichte stehen ausreichend Flächen für die Installation von Erneuerbaren Energieanlagen zur Verfügung. Sowohl das Potential für Photovoltaik als auch für Windkraft ist groß. Wasserkraftwerke und Biogasanlagen ergänzen das Portfolio an Technologien zur Erzeugung von grünem Wasserstoff. Im Gegensatz zu vielen anderen Regionen in Baden-Württemberg kann ein Überschuss an grüner Primärenergie dargestellt werden.
Ein aus landespolitischer, bundespolitischer und globaler Sicht wichtiger Beitrag zur CO2-Reduktion muss von der Zementindustrie erbracht werden. Zement wurde im Jahre 1835 durch den Apotheker Gustav Leube in Ulm erfunden und noch heute hat in Ulm der weltweit führender Zementhersteller Schwenk Zement seinen Sitz. Schwenk wird zusammen mit HeidelbergCement AG, Dyckerhoff GmbH und Vicat S.A. im Projekt „catch4climate“ am Standort Heidenheim-Mergelstetten die Rückgewinnung von CO2 aus den Abgasen von Zementfabriken und die Umwandlung in flüssigen Kohlenwasserstoff pilotieren. Dieses europaweit einzigartige Projekt wird somit in der Region stattfinden.
Die Mehrstufige Entwicklung zu einer Modellregion Grüner Wasserstoff
Die Entwicklung der Region zur „grünen Wasserstoffmodellregion“ orientiert sich an vorhandenen wirtschaftlichen Konstruktionen und hat das Ziel, eine wirtschaftliche sich selbsttragende Struktur aufzubauen. So wird in der Region Wasserstoff bereits in nennenswertem Umfang industriell genutzt. Beispiele hierfür sind Sintermetallurgie, Halbleiterfertigung, Brennstoffzellenfertigung und Forschung & Entwicklung. Infolge des zunehmenden Wasserstoffbedarfs wird eine lokale Erzeugung des Wasserstoffs verbunden mit kurzen Transportwegen immer lukrativer. Dies gilt insbesondere für den Ersatz von flüssigem Wasserstoff, welcher vor Ort durch grünen Wasserstoff hergestellt werden kann.
Die industrielle Nutzung von Wasserstoff in der Region Mittlere Alb-Donau und die hierfür notwendige Wasserstofferzeugung wird die erste Ausbaustufe des Projekts sein.
Ziel ist es, bis zum Ende des Projektes eine Wasserstoffinfrastruktur mit ausgeglichener Bilanz von Erzeugung und Verbrauch aufzubauen und diese im Anschluss zu betreiben.
Das Projekt sieht hierfür die Konzeption und Realisierung der folgenden Projektbestandteile auch Leuchttürme genannt vor:
- H2-Factory – Grüner Wasserstoff für existierende Verbraucher
- H2-ToGo – Wasserstoff für Lkw-Brennstoffzellenantriebe in der Logistik
- H2-Aspen – Wasserstoff-Technologiepark in Schwäbisch Gmünd
- H2-Grid – Vernetzung von dezentraler Wasserstofferzeugung und Verbrauch
Um die selbstgesteckten Ziele zu erreichen, wurde der Verein Modellregion Grüner Wasserstoff gegründet. Er fungiert als Kommunikator innerhalb des Projektgebiets, sowie auch nach außen. Des Weiteren wirkt der Verein als Multiplikator der Themen rund um die Wasserstofftechnologie, sowie als Anker für die Unternehmen in der Region, die sich mit der Thematik und dem Blick auf die Transformation, ernsthaft auseinandersetzen. Die Form des Vereins stellt dabei sicher, dass der Praxisbezug über Beteiligung der Unternehmen nicht nur mit Blick auf die einzelnen Teilprojekte erfolgt, sondern insbesondere mit Blick auf Übertragbarkeit und Skalierung in andere Regionen.